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Morgan Maassen ©

Auf der Suche nach der Seele des Ozeans

Ben Thouard im Portrait

Ben Thouard ist einer der besten Unterwasserfotografen der Welt. Seit über 20 Jahren widmet er sein Leben schon dem Ozean: Seine Bilder zeigen die Schönheit, aber auch die rohe Kraft seiner Wellen.

Aufgewachsen an der französischen Mittelmeerküste, lebt Ben Thouard seit mittlerweile 17 Jahren auf Tahiti – und zwar in Sichtweite einer der schönsten Wellen der Welt: Teahupo’o. Dort hat er auch seine ganz eigene Vision entwickelt: die chaotische Energie des Wassers in Kunst zu verwandeln.

Todd Glaser ©

Seine Fotografenkarriere begann allerdings ganz klassisch - mit einer Kamera, die Ben bei seinen Eltern zu Hause fand. Es war ein alter Fotoapparat seines Vaters, für den er sogar ein eigenes Gehäuse baute. Seine ersten Erfolge als Fotograf feierte er dann mit Surf- und Windsurffotos auf Hawaii. Logische Motive für den passionierter Surfer. Was ihn daran besonders faszinierte? Dass er mit diesen Fotos die wahren Dimensionen des Wassers deutlich machen konnte: "Wenn ein Surfer auf einer riesigen Welle reitet, gibt es einen natürlichen Bezugspunkt. Dann wird sofort alles klarer."

Die größte Herausforderung dabei ist die Mischung aus Vorahnung und Geduld.

Ben Thouard

In den letzten Jahren hat sich Ben allerdings von der reinen Actionsportfotografie abgewandt, um sich vermehrt Projekten widmen zu können, die persönlicher sind und einen höheren künstlerischen Anspruch haben. Im Moment reizt ihn vor allem die Unterwasserfotografie: "Die größte Herausforderung dabei ist die Mischung aus Vorahnung und Geduld." Weil sich unter Wasser die Bedingungen sehr schnell verändern, musste Ben ein gutes Gespür für den Ozean entwickeln: Wie verhalten sich die Wassermassen bei bestimmten Wetterverhältnissen? Welche Kräfte und Strömungen entstehen? Und: Wie lange kann ich eigentlich unter Wasser bleiben?

Ben Thouard ©
Ben Thouard ©

Seine ikonischen Fotografien von transparenten Wellen, die inzwischen internationale Anerkennung erlangt haben, sind das Ergebnis von mehr als einem Jahrzehnt Erfahrung und technischer Verfeinerung und wurden bereits in zwei Bildbänden veröffentlicht: SURFACE und TURBULENCES.

Das Motiv, das wir für das Poster der International Ocean Film Tour Vol. 12 (2026) ausgewählt haben, entstand während eines magischen Zeitfensters von 45 Minuten, in dem perfekte Klarheit, Licht und Wellenformation zusammenkamen. Und natürlich zeigt es Bens home spot: Teahupo'o

"In fotografischer Hinsicht war das einer der schönsten Tage meines Lebens", sagt er. "Man kann sich noch so sehr vorbereiten, das Wetter und die Bedingungen studieren, zehn Jahre Erfahrung haben und den Ort in- und auswendig kennen… Aber solche Tage kann man an einer Hand abzählen. Der Ozean hat mir ein Geschenk gemacht, auf das ich lange gewartet habe."

Das Poster-Motiv der International Ocean Film Tour Vol. 12 (2026)

Teahupo'o, der legendäre Surfspot auf Tahiti ist das, was man noch am ehesten als Bens "Outdoor-Studio" bezeichnen könnte. Die wunderschöne Welle, auf der auch die olympischen Surfwettbewerbe 2024 ausgetragen wurden, entsteht durch ein knapp unter der Wasseroberfläche gelegenes Riff und bietet einzigartige fotografische Möglichkeiten, weil sich Boote und Fotografen außergewöhnlich dicht an der sich brechenden Welle positionieren können.

Doch so viel Schönheit und die daraus entstehende Aufmerksamkeit in den Medien bringen auch neue Herausforderungen mit sich. Immer mehr Surfer:innen wollen einmal in ihrem Leben auf dieser Welle reiten. Und dieser zunehmende Tourismus führt zu Überfüllung und zu gefährlichen Situationen – sowohl für die Surfer:innen als auch für die lokale Tierwelt.

"Ich lebe nun schon seit 17 Jahren hier in Polynesien und es ist unübersehbar, wie sehr der Tourismus zugenommen hat und welche Folgen der Klimawandel auf die marinen Ökosysteme hat," sagt Ben. "Am offensichtlichsten ist die Korallenbleiche." Ein weißer Teppich unter Wasser - tote Korallen, anstatt eines bunten, lebendigen Korallenriffs, das ist auch das Ergebnis der immer extremeren Wassertemperaturen.

Ben Thouard ©

Schönheit gibt es überall. Man muss nur die Augen öffnen.

Ben Thouard

Fragt man Ben, ob man nach Teahupo'o reisen müsse, um die Wunder des Ozeans zu sehen und zu fotografieren, kommt von ihm ein klares Nein: "Auch in Europa kann man außergewöhnliche Aufnahmen machen. Vor allem die Atlantikküste hat ein enormes Potenzial – von Schottland bis nach Nordafrika. Man muss nur seine Erwartungen anpassen. Im Atlantik ist das Wasser vielleicht nicht so kristallklar wie hier, aber auch auf Lanzarote lässt sich die Kraft des Ozeans sehr gut in Szene setzen – und das ist nur ein Beispiel. Schönheit gibt es überall. Man muss nur die Augen öffnen."

Auch nach zwei Jahrzehnten in einem tropischen Paradies, in denen er seine Kunst perfektioniert hat, ist Ben immer noch nicht am Ziel seiner künstlerischen Reise angekommen: Er wird wohl noch eine ganze Weile auf der Suche nach den unerschöpflichen und inspirierenden Geheimnissen des Ozeans bleiben - und diese Reise für sich und damit für uns alle dokumentieren.